/Iran-Konflikt: Warum Trumps Werben in Wahrheit die EU spalten soll

Iran-Konflikt: Warum Trumps Werben in Wahrheit die EU spalten soll

Die Amerikaner möchten gern, dass die Bundeswehr beim Schutz von Handelsschiffen im Golf mitmacht. Da fragt ausgerechnet jene Regierung, die mit dem Bruch des Iran-Atomabkommens die Spannungen an der Straße von Hormus ursächlich ausgelöst hat, ob die Deutschen sich an der Beseitigung eben dieser Krise beteiligen. Die dreiste Anfrage stürzt die Bundesregierung in ein Dilemma. Soll sie dem Drängen der Trump-Regierung nachgeben? Oder soll sie sich verweigern und den Schutz der Seewege anderen überlassen?

Wäre nicht der ganze Streit zwischen Europäern und Amerikanern um das vom Trump gebrochene Atomabkommen, sähe die Sache viel klarer aus. Die iranischen Streitkräfte haben einen Öltanker unter britischer Flagge gekapert. Sie decken Angriffe auf Schiffe. Sie brechen das Völkerrecht und betreiben Staatsiraterie in internationalen Gewässern. Sie machen eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt unsicher und treiben den Ölpreis in die Höhe. Als würde das nicht reichen, beansprucht das iranische Regime neuerdings Kontrollrechte an der Meerenge Bab al-Mandab vor Dschibuti, über zweitausend Kilometer entfernt. Irans Expansion bedroht den ganzen Nahen Osten.

Die USA sind nicht ernsthaft an Verbündeten interessiert

Es gibt also genügend Gründe für eine Schutzmission für Handelsschiffe am Golf und in der Straße von Hormus. Deutschland hat als drittgrößte Handelsmacht der Welt ein besonderes Interesse an ungehinderter Schifffahrt. Seit Jahren hilft die Bundesmarine in der europäischen Mission Atalanta vor den Küsten Somalias, die Seewege abzusichern. Zwar bezieht Deutschland vergleichsweise wenig Rohöl aus dem arabisch-persischen Golf, doch ein von Iran mutwillig hochgetriebener Ölpreis schadet der deutschen Wirtschaft. Und falls es schon vergessen sein sollte: Im Juni wurde ein Frachter einer deutschen Reederei vor der iranischen Küste beschossen.

Deshalb gab es bis gestern Morgen viele gute Gründe für Berlin, dem britischen Vorschlag einer europäischen Schutzmission zuzustimmen. Gemeinsam mit Frankreich hätten die drei europäischen Garantiemächte (E3/EU) des Atomabkommens mit dem Iran demonstriert, dass sie fest zum Abkommen stehen, aber den Bruch des Völkerrechts durch den Iran nicht dulden. Leider waren die Europäer und die Deutschen zu langsam, sich darauf zu einigen.

Zwei Dinge kamen dazwischen. Erstens der britische Regierungswechsel. Der neue Premier Boris Johnson scheint seine Brexit-Illusionen durch größere Nähe zu Donald Trump und Distanz zu den Europäern verwirklichen zu wollen. Zweitens die amerikanische Taktik, die Europäer zu spalten und eine unabhängige Mission zu verhindern. Sie wollen Boris Johnson aus der E3-/EU-Phalanx zur Stützung des Atomabkommens herausbrechen. Zugleich soll Deutschland bloßgestellt werden. Nicht anders ist der hämische Tweet der Berliner US-Botschaft zu verstehen: Wenn Ihr nicht genügend Schiffe habt, dann “kauft euch doch welche!”. Wer aufrichtig Verbündete für eine Schutzmission gewinnen will, verzichtet auf solche Gags. Zumal die Bundesmarine ausreichend Schiffe im Mittelmeer hätte, um zu einer Mission beizutragen. So vorgetragen, richtet sich die US-Aufforderung mehr gegen ein vereintes Europa als gegen den Iran.

Auch Frankreich reagiert bisher zurückhaltend

Die Beteiligung an einer Schutzmission unter US-Führung birgt zu viele Risiken. Die Bundesmarine könnte in die unabsehbaren Folgen der Trumpschen Doktrin des “maximalen Drucks gegen den Iran” hineingesogen werden. Sie könnte vergessen machen, dass die Bundesregierung weiter zum Atomabkommen mit dem Iran und zum Multilateralismus steht. Sie könnte am Ende im Golf unter US-Anleitung Schiffe beschützen, während ein Konflikt zwischen den USA und dem Iran ausbricht.

Statt der Aufforderung der Amerikaner zu folgen, sollte sich die Bundesregierung eng mit Paris abstimmen. Die Franzosen reagieren bisher auffällig schweigsam auf das US-Drängen. Es wäre an der Zeit, dass Franzosen und Deutsche einen Gegenvorschlag für eine rein europäische Mission mit mehreren EU-Staaten und Großbritannien machen. Den könnten beide Staaten auch im UN-Sicherheitsrat vorlegen. Genau dort begann vor 11 Jahren auch die europäische Schutzmission Atalanta vor Somalia.

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