Intelligenz hat nicht nur Vorteile. Das weiß jeder, der als Pubertierender mal sehr theatralisch “Ich wünschte, ich wäre dumm, dann wäre ich bestimmt glücklicher” geseufzt hat, um irgendwen zu beeindrucken. Was meistens nicht geklappt hat. Und der Satz ist natürlich Unsinn, ich zum Beispiel war schon sehr oft sehr dumm und gleichzeitig sehr unglücklich. Ich habe schon als Neugeborenes sehr viel geweint und gleichzeitig nichts verstanden. Außer dass es im Bauch gemütlicher war. Jedenfalls meine ich, mich daran zu erinnern.
Fürs Unglücklichsein reicht es im Prinzip, ungefragt auf diesen unseren Planeten geworfen zu werden. Und danach, im Erwachsenenalter, ist Intelligenz meist vor allem eines: nützlich. Intelligenz bedeutet, ganz genau wie Schönheit, einen evolutionären Vorteil. Das war früher so, als man auf die blendende Idee kam, dass Mammuts gebraten besser schmecken, und es ist heute noch so, wenn man zu einem Vorstellungsgespräch kommt. Unfair ist Intelligenz natürlich auch.
Bei der Schönheit ist es nun so: Der Kult darum bröckelt allmählich. Auf Instagram sieht man schon lange nicht mehr nur auf 90-60-90 gephotoshoppte Models, dort zeigen sich zunehmend auch Menschen, die zu ihren vermeintlichen Makeln stehen. Dehnungsstreifen, schlaffe Bäuche, dicke Waden, behaarte Beine, Pickel, all das findet man in sozialen Medien, häufig unter dem Hashtag bodypositivity. Die Leute sehen nicht mehr ein, dass Schönheit von außen definiert wird und dann auch noch zum persönlichen Vor- oder Nachteil genutzt werden kann. Das ist richtig und verständlich. Trotz dieser Hashtag-Bewegung laufen Menschen selbstverständlich weiter mit Komplexen durchs Leben. Sie wären gern blonder, größer, breiter gebaut, bärtiger, weniger bärtig, brauner, weniger braun, dicker, weniger dick. Bleiben dann aber meist doch, wie sie sind, und sagen: So bin ich halt. Man könnte diese Haltung trotzig nennen, aber Trotz hat doch etwas angenehm Widerständiges. Vielleicht sind nicht alle Menschen schön, gesunder Trotz ist es durchaus. Und vielleicht ist das viel wichtiger, der intellektuelle Umgang.
Es gibt viel mehr uninteressante als hässliche Menschen
Nur: Wovon man sehr selten hört, sind Menschen, die bedauern, nicht besonders clever zu sein. Dabei ist das selbst in einer oberflächlichen Gesellschaft deutlich bedauernswerter, als nicht schön zu sein im konventionellen Sinne. Dabei gibt es viel mehr uninteressante als hässliche Menschen. Man ist sehr viel schneller bereit, sich als zu dick zu empfinden als zu dumm.
Keiner beschwert sich darüber, nicht besonders gewitzt zu sein. Die wenigsten schämen sich für ihr mangelndes Abstraktionsvermögen, ihre Humorunfähigkeit, die Langsamkeit ihrer Gehirne, ihre dürftige Vorstellungskraft.
(Das produziert eine gesellschaftliche Schräglage. Andere kann ich nur mit meinem eigenen, beschränkten Intelligenzkontigent beurteilen. Und da wird es problematisch, denn wer mit einem limitierten Horizont versucht, den Horizont einer intelligenteren Person zu beurteilen, wird scheitern. Die rein genetischen Unterschiede verunmöglichen damit Kommunikation, und das ist gefährlich.)
In den USA schickt man bei Bewerbungen oft kein Foto mit, damit mögliche Arbeitgeber rein nach Qualifikation einer Kandidatin oder eines Kandidaten entscheiden. Es ist ihnen gesetzlich verboten, Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe oder möglichen Behinderungen beim Auswahlverfahren zu benachteiligen. Das ist gut, und für den Job als IT-Architekt ist es nun mal nicht ausschlaggebend, ob jemand sehr lange Beine hat und woher seine Eltern stammen. Es wäre aber für alle Beteiligten recht nützlich, wenn ein IT-Architekt einen IQ über Zimmertemperatur mitbringen würde. Daher dürfen Arbeitgeber überall auf der Welt von Bewerbern fordern, dass sie einen Einstellungstest absolvieren.
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