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Risikosportlerin: “Es ist ein bisschen wie eine Droge, ich kann es einfach nicht lassen”

Kathi Kuypers ist Deutschlands erfolgreichste Dirtjumperin. Sie verdient ihr Geld damit, mit dem Rad über steile Erdhügel zu springen. Über eine Frau, die vom Risiko lebt

Kathi Kuypers ist Risikosportlerin, seit sie denken kann. Als sie drei Jahre alt war, schenkte ihr Vater ihr ein Minimotorrad, eine Yamaha PW50. Noch bevor sie Radfahren konnte, düste sie damit über den Hof ihrer Eltern im oberbayerischen Bruckmühl. Mit 15 begann sie mit dem Mountainbiken, an den Wochenenden machte die Familie Radausflüge in die nahegelegenen Alpen, im Gymnasium trat Kathi einer Mountainbike-AG bei. “Als dann bei uns in der Nähe ein Bikepark aufgemacht hat, war ich angefixt”, sagt sie heute. 

Inzwischen ist Kathi 29 Jahre alt und verdient mit dem Fahrradfahren Geld. Dirt Jumping oder Freestyle Mountain Biking nennt sich die Disziplin, in der sie in der internationalen Liga mitfährt. Das Prinzip: Die Fahrer springen mit ihren Rädern über eine Reihe meterhoher Hindernisse aus Erde und Holz, dabei geht es nicht um Schnelligkeit, sondern darum, in der Luft möglichst komplizierte Tricks zu vollführen. Kathis sauberster ist der freihändige Tuck No Hander: in der Luft das Fahrrad zwischen die Beine klemmen und beide Arme nach oben strecken.

Wenn Kathi bei einem Wettkampf antritt, fährt sie außer Konkurrenz, immer. Denn sie ist bislang die einzige Frau, die an internationalen Dirt Jump Contests teilnimmt. “Ich bin eine seltene Spezies: Das Dirt-Jump-Unicorn“, sagt Kathi und lacht. Genau das macht sie interessant für Sponsoren, sie hat einen hohen Wiedererkennungswert.

“Ich bin eine seltene Spezies: Das ‘Dirt-Jump-Unicorn’.”

Kathi Kuypers, professionelle Dirtjumperin

Heute hat Kathi einen Termin bei ihrem Hauptsponsor, dem Fahrradhersteller Trek Bikes, in Zürich. Casual business meeting: Kathi trägt Leggings und Blazer, die schulterlangen blonden Haare stecken unter einer rosafarbenen Strickmütze. Mit federnden Schritten betritt sie den Eingangsbereich, wo auf einem Monitor ihr Name steht und dass sie in Begleitung einer Journalistin kommt. Wenn ihr Mitarbeitende auf dem Gang begegnen, begrüßen sie Kathi mit Umarmung, fragen, wie es ihr geht, was fahrradtechnisch als Nächstes ansteht. Kathi Kuypers ist wertvoll für ihren Sponsor, denn sie ist vielseitig: Sie springt nicht nur mit dem Dirtbike über meterhohe Erdhügel, sondern nimmt auch an Rennen mit Enduro-Fahrrädern und an Wettkämpfen mit E-Mountainbikes teil. Mehr Produkte, die sie vermarkten kann.

Für die nächste große Produktvorstellung soll im Juli für ein Promotion-Video gedreht werden, aber die Mechaniker sind mit der Entwicklung des neuen E-Mountainbikes im Verzug. Es gibt Gesprächsbedarf. Und Kathi will noch etwas anderes besprechen: Vor Kurzem hat sie erfahren, dass eine Dirtjumperin aus den USA eine internationale Wettkampfreihe nur für Frauen startet – die erste weltweit. Kathi will unbedingt mitfahren.

“Ich hab immer die wildesten Ideen und dann bekomme ich von Guido eine realistische Einschätzung dazu und die versuchen wir dann umzusetzen,” sagt Kathi, grinst und schiebt sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. Guido Anderwert ist der Marketing Manager von Trek Bikes für den deutschsprachigen Raum. Er ist selbst überzeugter Mountainbiker und Winter-Sportler, trägt Vollbart und sein blondes Haar zurückgewuschelt. Mit ihm handelt Kathi jedes Jahr ihren Vertrag aus.

Vor acht Jahren hat sie sich selbst bei Trek Bikes für ein Sponsoring beworben. Sie musste verschiedene Rennen fahren und bei Fotoshootings zeigen, wie fotogen sie ist. Heute zahlt die Firma ihr alle drei Monate ein Gehalt, wie hoch es ist, darf Kathi nicht sagen. Außerdem übernimmt Trek Bikes ihre Reisekosten zu Events und internationalen Wettkämpfen und versorgt sie mit Fahrrädern. Aus Kathis Hobby ist ein Beruf geworden. Neben ihrem Hauptsponsor hat sie noch fünf weitere Sponsoren, die ihr zum Teil Geld zahlen und sie mit Kleidung und Fahrradzubehör versorgen.

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