Hunderte Demonstranten in Hongkong
haben aus Protest gegen das umstrittene Gesetz zur Auslieferung von
Verdächtigen an China die Zentrale der Lokalregierung belagert. Die
überwiegend jungen Menschen warfen am Mittwochmorgen Barrieren um, rangelten
mit der Polizei und versuchten den Amtssitz sowie die Büros des
Legislativrats zu stürmen. Zudem blockierten sie zwei Hauptstraßen in der Innenstadt und brachten damit den Verkehr zum Erliegen. Das Stadtparlament verschob die für Mittwoch geplante zweite und dritte Lesung des Gesetzes, über das am 20. Juni abgestimmt werden soll.
Am Wochenende hatten
Hunderttausende Menschen in der halbautonomen Sonderverwaltungszone
gegen die Vorlage protestiert. Es war die größte Demonstration
seitdem die ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 an China übergeben wurde. Kritiker des Entwurfs argumentieren, dass
an die chinesische Justiz überstellte Verdächtige nicht dieselben
Rechte wie in Hongkong bekommen würden. Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hält die Gesetzesänderung für notwendig, um rechtliche Schlupflöcher zu schließen. Bisher hatte Hongkong keine Menschen an das chinesische Festland ausgeliefert, weil das
chinesische Justizsystem wenig transparent und die Verhängung der
Todesstrafe weit verbreitet ist.
Bei der Rückgabe von Großbritannien hatte die chineische Führung
Hongkong unter der Formel “Ein Land, zwei Systeme” für 50 Jahre
weitreichende innere Autonomie zugesagt. In Hongkong
gelten daher Grundrechte, die den Bürgern der Volksrepublik
vorenthalten werden, etwa Meinungs- und Pressefreiheit. Die Opposition
wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten
einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen auszuhöhlen.
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