Das letzte Buch des französischen Dichters Yves Bonnefoy ist ein einzigartiger Mix aus Essay, Memoir und Krimi.
24. Mai 2019, 15:13 UhrEditiert am 24. Mai 2019, 15:13 Uhr
Yves Bonnefoy, bedeutender Dichter, Professor am berühmten Collège de
France in Paris, der von 1923 bis 2016 lebte, schrieb im letzten seiner dreiundneunzig
Lebensjahre ein Buch, wie es vor ihm noch niemand geschrieben hat. Bonnefoys schmaler Band ist
ein Elternporträt, eine Autobiografie in Stücken, ein Essay über die lebensgeschichtlichen
Quellen seiner Dichtung – und zudem ein Buch, dessen Teile wunderbar auseinander hervorgehen.
Es ist gehalten in einem Stil, der Klarheit mit Geheimnis verbindet, und durchzogen von
detektivischer Spannung. Denn das Ganze beginnt als philologischer Krimi, der seinen Anfang im
Jahr 1964 nimmt. Damals, als Bonnefoy einundvierzig Jahre alt war, flog ihm unversehens eine
“Idee für eine Erzählung” zu, die er rasch in hundert reimlosen Versen in freien Rhythmen
festhielt, Erinnerungen eines alten Mannes an eine geheimnisumwitterte Begegnung in früheren
Zeiten. Bonnefoy zweifelte nicht, dass er diese Erzählung,
Der rote Schal
genannt,
“ziemlich schnell” würde abschließen können. Er arrangierte eine Zeitschriften- und eine
Buchpublikation, selbst einen Illustrator setzte er schon an die Arbeit – nur Bonnefoy wurde
nicht fertig. Und er wurde über geschlagene fünfundvierzig Jahre und “immer neue Versuche” nie
fertig. Doch ein Jahr vor seinem Tod fing er noch einmal an zu schreiben.
Hits: 55