Die Basketballer der
Hamburg Towers gingen als Außenseiter in die Ausscheidungsrunde der zweiten
Bundesliga. Im Viertelfinale schlugen sie Rostock in vier Spielen, im
Halbfinale schafften sie im fünften Spiel mit einem Wurf in der letzten Sekunde
den Aufstieg in die Bundesliga. Im Finale gegen Nürnberg siegten sie wiederum
durch einen Wurf in letzter Sekunde. Marvin Willoughby, 41, hat den Verein 2013
gegründet und geprägt wie kein Zweiter. Er könnte jetzt Urlaub gebrauchen. Aber
es gibt zu viel zu tun.
ZEIT ONLINE: Herr
Willoughby, haben Sie sich ein wenig von dem Stress erholt?
Marvin Willoughby:
Geht so. Der Endspurt war krass, und dann ging es sofort weiter. Wir müssen so
viel regeln jetzt.
ZEIT ONLINE: Ordentlich
gefeiert haben Sie aber?
Willoughby: Der
Dienstagabend in Chemnitz war gefühlsmäßig extrem. Ich habe in der Halbzeit
zum ersten Mal in meinem Leben Probleme mit dem Kreislauf gehabt, musste mir
Wasser ins Gesicht schütten. So viel Druck hab ich noch nie gespürt, auch nicht,
als ich selbst in der Bundesliga gespielt habe und mit der Nationalmannschaft.
Nach der Schlusssirene ist alles rausgeplatzt, wir haben uns gefreut wie kleine
Kinder. Ich hab nicht darauf geachtet, wie ich jetzt aussehe, wenn ich rumhopse,
das war pure Emotion. Am Samstag danach dann noch mit unseren Fans die
Meisterschaft feiern, das war die Krönung.
ZEIT ONLINE: Konnten
Sie am nächsten Tag schön ausschlafen?
Willoughby: Gar
nicht! Ich hatte total vergessen, dass unsere Jugendmannschaft um 11 Uhr ein
Spiel hatte. Seither ist bei uns die Hölle los. Jetzt geht es darum, die Rahmenbedingungen
zu schaffen für die erste Liga.
ZEIT ONLINE: Für
die erste Liga brauchen Sie eine stärkere Mannschaft. Wie hart ist es, einigen
Spielern sagen zu müssen, dass sie nicht dabei sein werden?
Willoughby: Viele
der Gespräche, die wir mit unseren Jungs geführt haben, waren toll. Wir sind
Meister geworden, wir haben uns bedankt. Aber klar ist es auch meine Aufgabe, zu
sehen: Bei wem geht es nicht weiter? Die Play-offs haben uns zusammengeschweißt.
Das ist überhaupt nicht angenehm, nach dieser Euphorie vor einem Spieler zu
sitzen und ihm das zu sagen. Die Spieler sehen mir das auch an, aber so ist der
Profisport. Das wissen alle, die damit anfangen.
ZEIT ONLINE: Wie
groß ist das Potenzial für Erstliga-Basketball in Hamburg?
Willoughby: Wir
haben im Marketing und beim Ticketverkauf einen sehr guten Job gemacht, die
Marke Hamburg Towers ist in der Stadt angekommen. Die Wirtschaft ist hier finanzkräftig.
Und wir sind etwas Besonderes, weil wir in den zuschauerrelevanten Sportarten
der einzige Erstligist sind. Mir würde es mehr Freude machen, wenn alle
erfolgreich wären und wir eine richtige Euphorie in der gesamten Sportstadt
hätten. Aber Alba Berlin hat vor 25 Jahren eine ähnliche Situation ausgenutzt und
gehört heute zu den absoluten Topmannschaften in Deutschland und Europa.
ZEIT ONLINE: Mit
welchem Ziel gehen Sie in die nächste Saison?
Willoughby: Wir
wollen uns in der Bundesliga etablieren und mittelfristig in der Lage sein,
regelmäßig um den Einzug in die Play-offs mitzuspielen.
ZEIT ONLINE: Was
heißt mittelfristig?
Willoughby: Wir
haben drei Jahre gebraucht, um uns in der zweiten Liga zu etablieren. Die Zeit
gebe ich uns in der Bundesliga auch. Dann wollen wir mit Mannschaften wie
Frankfurt mithalten. Die sind auch ein Großstadtklub, nie abstiegsgefährdet und
machen solide Nachwuchsarbeit. Für alles andere wären ganz große Sprünge
notwendig, vor denen ich warne. Wenn du an die Spitze der Bundesliga willst,
musst du mit Investoren von außen arbeiten, die wollen Entscheidungsmacht
haben. Da muss man sich ganz genau überlegen, ob es das wert ist.
ZEIT ONLINE: In
der vergangenen Woche haben Sie Dauerkarten in den Verkauf gegeben. Nach
wenigen Sekunden waren alle weg. Die Halle in Wilhelmsburg fasst knapp 3.500
Menschen, ist das für die Bundesliga nicht zu wenig?
Willoughby: Wir
sind ganz eng mit dem Stadtteil verbunden, Wilhelmsburg ist unsere Heimat, das
bleibt auch so. Aber selbstverständlich müssen wir uns fragen, wie wir mit dem
Ansturm der Fans umgehen. Das vierte Spiel des Halbfinals war in fünf Minuten
ausverkauft, im Finale ging es noch schneller. Wenn 500 Menschen kein Ticket
bekommen, ist das verkraftbar, aber wenn es mehrere Tausend sind, müssen wir
uns was überlegen. Schon seit Längerem denken wir über eine Halle für 7.000 bis
9.000 Besucher nach. Das dauert aber vier, fünf Jahre, bis die gebaut werden
kann.
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