/Deutsche Außenpolitik: Deutschland strapaziert Amerikas Nerven

Deutsche Außenpolitik: Deutschland strapaziert Amerikas Nerven

Schön wär’s ja, wenn Deutschland in den USA allein mit Trump
ein Problem hätte. Dem ist aber nicht so. “Von Deutschland erwarte ich gar nichts
mehr!” Aus dem Gesprächspartner bricht es regelrecht heraus. Er ist ein alter
Fahrensmann der deutsch-amerikanischen Beziehungen, liberal gesonnen, ein
Demokrat. Ich habe noch gar nicht richtig Platz genommen, da drischt er mir
seine Kritik an der “Zombie-Kanzlerin” um die Ohren, die gar nicht mehr richtig
da sei und erst recht nicht mehr führe. Die Deutschen redeten viel vom
Multilateralismus, in Wahrheit ginge es ihnen nur um ihre wirtschaftlichen Interessen,
sie seien provinzlerisch und engstirnig!

Willkommen in Washington. Nicht dass Deutschland hier auf
der Sorgenliste ganz oben stünde. Da finden sich immer noch der Mueller-Report
und die Frage, ob die Demokraten eine Amtsenthebung des Präsidenten anstreben
sollten. In der Außenpolitik geht es um den Handelskonflikt mit China und die
Konfrontation mit dem Iran. Eigentlich kümmert Deutschland die amerikanische
Politik derzeit nicht viel. Noch geringer als das Interesse sind allenfalls,
siehe oben, die Erwartungen.

Auf die Frage, wie es um die bilateralen Beziehungen stehe,
reagiert Charles Kupchan, unter Barack Obama im Nationalen Sicherheitsrat für
Europa zuständig, sarkastisch: “Ich bin mir nicht sicher, dass es irgendwelche
Beziehungen gibt.” Weder habe das Thema Deutschland in Washington Priorität,
noch gebe es in der Regierung eine Deutschlandstrategie. Donald Trump habe
allenfalls “bestimmte fixe Ideen”. Und eine davon sei: Deutschland ist
schlecht. “Er sieht auf der Straße einen BMW und ist sauer!”

Was die Bundesregierung falsch macht

Wie es um das deutsch-amerikanische Verhältnis bestellt ist,
zeigte sich vorige Woche. Fünf Stunden bevor er in Berlin eintreffen sollte,
sagte US-Außenminister Mike Pompeo seinen Besuch ab – eine diplomatische
Ohrfeige ohne Beispiel. Stattdessen flog er in den Irak. Dort ging es
tatsächlich um “dringende internationale Sicherheitsthemen”, mit denen die
Amerikaner die Absage begründet hatten. Dennoch: So behandelt man einen engen
Verbündeten nicht, es sei denn, man wolle der Kanzlerin und dem deutschen Amtskollegen
seine Geringschätzung regelrecht demonstrieren.

Niemand kann bestreiten, dass die Hauptschuld für den
Kälteeinbruch zwischen Berlin und Washington beim US-Präsidenten
liegt, beim Trumpschen Dreiklang von Populismus, Nationalismus und
Protektionismus. Leider macht aber auch die Bundesregierung eine ganze Menge
falsch.

Es mag ja sein, dass in Berlin keiner mehr etwas vom Streit
um das Zweiprozentziel der Nato
hören will. Aber versteht dort wirklich niemand,
wie viel Vertrauen in seine Zuverlässigkeit Deutschland in den USA durch das Abrücken vom 2014 in Wales gemeinsam gefassten Beschluss verspielt hat – in
beiden politischen Lagern? Nicht nur hat die Bundeskanzlerin eigenhändig die
Zielmarke auf 1,5 Prozent abgesenkt. In der Haushaltsplanung von Finanzminister
Olaf Scholz gehen die Verteidigungsausgaben, die im kommenden Jahr 1,37 Prozent
erreichen sollen, im Jahr 2023 wieder auf 1,23 Prozent zurück. Deutschland hat
aber zugesagt, bis 2024 die zwei Prozent zumindest anzustreben. “Vergessen Sie
Trump, es ist einfach richtig, es zu tun”, sagt Charles Kupchan.

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