Am 5. Juni wird in Dänemark ein neues Parlament gewählt. In Umfragen verlieren die Rechtspopulisten dort an Zustimmung. Das kann auch mit der neuen programmatischen Aufstellung der Sozialdemokraten zu tun haben, die einen Schwerpunkt auf die Begrenzung von Migration sowie staatlich verordnete Integration legen. Gastautor Michael Bröning von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung war in Kopenhagen – und versucht einzuordnen, wie erfolgreich die Sozialdemokraten mit ihrer Ausrichtung sind.
Zu den wichtigsten Aufgaben der dänischen Königin Margrethe II. gehört es, im Anschluss an Parlamentswahlen je zwei Gesandte der politischen
Parteien zu empfangen. Verfassungsgemäß stellt sie dann die alles entscheidende
Frage, wer mit der Bildung der nächsten Regierung zu beauftragen ist.
Zumindest derzeit scheint die Antwort klar: die 41-jährige
Vorsitzende der Sozialdemokraten Mette Frederiksen. Umfragen zufolge liegt ihre
Partei als stärkste Kraft deutlich vor der liberal-konservativen Venstre-Partei von Premierminister Lars Løkke Rasmussen. Der regiert das skandinavische Land seit 2016 mit einer von der
rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei tolerierten
Minderheitskoalition. Am 5. Juni muss
er sich Neuwahlen stellen.
Angesichts der Zweiteilung der dänischen Parteienfamilie in
einen rechten und einen linken Block gilt eine von den Sozialdemokraten
angeführte und von kleineren Linksparteien gestützte Minderheitsregierung derzeit
als wahrscheinlichstes Szenario. Die Meinungsforschung belegt seit Monaten
einen deutlichen
Vorsprung des linken Lagers.
Das ist aber weniger auf persönliche Popularität
zurückzuführen. Im direkten Vergleich mit dem Premierminister liegt Frederiksen
zwar verlässlich vorn, doch den bisherigen Höhepunkt
ihrer Popularität hatte sie im Februar 2017 – mit gerade mal 38
Prozent Zustimmung.
Integration und Begrenzung
Stärker als Personen bestimmen in Dänemark Themen den Wahlkampf, vor
allem die Bereiche Klimawandel, Renten und Migration. Der linke Block scheint
hier inhaltlich gut aufgestellt: “Traditionell verfügen die Linken über die
Definitionshoheit bei den ersten beiden Themen, die Rechten beim Thema
Migration”, meint Asbjørn Sonne Nørgaard, Vizedirektor
der Kopenhagener Denkfabrik Cevea. “Diesen Vorteil der Rechten aber stellen die
Sozialdemokraten nun infrage.
Der Grund: eine Positionsveränderung in der Migrationspolitik,
die bei Sozialdemokraten in Europa derzeit für einiges Befremden sorgt. Die
dänischen Genossen setzen auf eine strikte Begrenzung von Migration und eine staatlich
verordnete Integration. “Die Kurzformel lautet: Auf die Zahlen kommt es an”, so
Nørgaard. Es gehe darum, “den Rechtspopulisten den komparativen Vorteil
abzunehmen.”
Dreh und Angelpunkt des Wandels ist ein 28-seitiges Papier
mit dem Titel: Realistisch
und Fair. Im Vorwort wirbt die Parteivorsitzende Frederiksen
um einen Migrationskonsens der Mitte: Benötigt werde “eine Migrationspolitik,
die Dänemark vereint”. Zur Begrenzung des Zuzugs soll nicht nur die
Familienzusammenführung von Sprachkenntnissen und Berufstätigkeit abhängig
gemacht werden. Auch Asylanträge auf dänischem Boden sollen faktisch unmöglich und
künftig in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in “Auffangcentern
außerhalb Europas” bearbeitet werden. Abgelehnte Asylbewerber sollen
zügig ausgewiesen, bestehende Grenzkontrollen durch eine Reform des Schengen-Abkommens
beibehalten werden.
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