/Verkehrsregeln: Wer hat hier Vorfahrt?

Verkehrsregeln: Wer hat hier Vorfahrt?

In meinem Wohngebiet gibt es eine Kreuzung,
bei der offenbar viele von einer Rechts-vor-links-Regelung ausgehen. Es geht um
eine Kreuzung mit Seitenstraßen, in der dann weitere Häuser stehen
(siehe Foto). Es gibt
keine Beschilderung zur Vorfahrt. Allerdings liegt zwischen den geteerten
Straßen ein großer grau gefasster Bereich, der an der Längsseite der Eingangsstraße eine Reihe helleres Pflaster aufweist. Es handelt sich
nicht um eine weiß gemalte Linie, wie sie zum Beispiel bei einer
Fahrbahntrennung zu sehen ist. Wenn ich nun die Eingangsstraße befahre und ein Fahrzeug aus einer rechtsseitig liegenden
Seitenstraße kommt, muss ich dann dem Fahrzeug Vorfahrt gewähren
?, will ZEIT-ONLINE-Leser Jörg Batzke aus Münster wissen.

Die
entscheidende Frage ist, ob hier einer der Fälle vorliegt, die in Paragraf 10
der Straßenverkehrsordnung
(StVO) behandelt werden. Dort heißt es: “Wer aus
einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone, aus einem verkehrsberuhigten Bereich
auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten
Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren will, hat sich dabei so zu
verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist,
erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.”

Allerdings
lässt sich auch mit dem Foto des Lesers nicht genau erkennen, ob die
betreffende Kreuzung unter diesen Paragrafen fällt, wie der
Verkehrsrechtsanwalt Michael Schulte einräumt. “Wenn es sich um einen
abgesenkten Bordstein handeln sollte, gilt dort nicht die
Rechts-vor-links-Regel, sondern der durchgehende Verkehr hat Vorfahrt”, sagt
Schulte. “Gleiches würde gelten, wenn man die anders farbig gepflasterte Straße
quasi nur als eine Zufahrt zu Häusern und nicht als eine eigenständige Straße
ansehen würde. Aber auch das kann man auf den Bildern nicht eindeutig
erkennen.”

Der
Fachanwalt für Verkehrsrecht vermutet, dass es sich nicht um einen
eigenständigen verkehrsberuhigten Bereich handelt. “Dort würde auch gelten,
dass derjenige, der aus einem solchen verkehrsberuhigten Bereich auf die
Hauptverkehrsstraße einfährt, keine Vorfahrt hat”, sagt Schulte. “Insgesamt
spricht meiner Ansicht nach vieles dafür, dass es sich um einen abgesenkten
Bordstein handelt oder baulich ein solcher dargestellt werden soll. Das würde
bedeuten, dass der durchgehende Verkehr Vorfahrt hat.”

Wirklich
eindeutig sei die bauliche Gestaltung anhand der Aufnahme aber nicht. “Darum
gilt hier in jedem Fall die Empfehlung, vorsichtig zu fahren, um rechtzeitig
auf andere Fahrzeuge reagieren zu können.” Der Rechtsanwalt rät zudem, sich bei
der Stadt, Gemeinde oder der örtlichen Polizeibehörde zu erkundigen, ob mit der
baulichen Gestaltung und Pflasterung die Rechts-vor-links-Regel aufgehoben
werden sollte oder nicht.

Hits: 31