Das griechische Parlament hat beschlossen, offiziell von Deutschland
Reparationszahlungen für die Kriegsschäden und -verbrechen im Zweiten Weltkrieg einzufordern. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte am für eine Resolution,
welche die Regierung von Ministerpräsidenten Alexis Tsipras dazu
verpflichtet, die Entschädigungsforderungen “mit allen
notwendigen diplomatischen und rechtlichen Schritten” durchzusetzen. Es geht einer griechischen Expertenkommission
zufolge um bis zu 290 Milliarden Euro. Die rechtsextreme Partei “Goldene Morgenröte” fordert 400 Milliarden Euro. Die
Bundesregierung bekräftigte, dass sie alle Ansprüche als bereits
abgegolten betrachtet.
“Die Forderung von Reparationszahlungen ist für uns
eine historische und moralische Pflicht”, sagte Regierungschef Alexis Tsipras. Die Ansprüche erfolgreich geltend zu machen ist eines seiner Wahlversprechen aus dem Jahr 2015. Er habe das Thema nicht mit der schweren Finanzkrise der vergangenen Jahre
und den Schulden des Landes verquicken wollen, erklärte Tsipras. Jetzt
aber, nach dem Ende der internationalen Hilfsprogramme, sei der richtige
Zeitpunkt gekommen. “Wir haben jetzt die Chance, dieses Kapitel für
beide Völker abzuschließen.”
Beginnen sollen die Verhandlungen mit einer sogenannten Verbalnote, üblicherweise
die Nachricht eines anderen Staates an das deutsche
Außenministerium. Wichtig sei ihm, mit Deutschland auf Augenhöhe und freundschaftlich zusammenzukommen, so Tsirpas im Parlament.
Massaker und Zwangskredite
Bei der Debatte im Parlament wurden Augenzeugenberichte von den Nazimassakern verlesen. Unter der Besatzung Hitler-Deutschlands von April 1941 bis September
1944 wurden rund 300.000 griechische Staatsangehörige getötet. Die Nazis
verübten zahlreiche Massaker, etwa in Lyngiades, Distomo, Kalavryta,
Kandanos oder Viannos. Außerdem nahm die Besatzungsmacht 1942 bei
der griechischen Zentralbank einen Zwangskredit auf, der damals auf
knapp 500 Millionen Reichsmark beziffert wurde und heute mit Zinsen
einige Milliarden Euro wert wäre.
Von
Deutschland sei nichts zu erwarten, sagten einige Parlamentarier: “Die deutsche Seite ist der Meinung, dass sie das Thema
mit der Zahlung von 160 Millionen Mark an die Opfer und der Aufnahme von
rund 420 000 Gastarbeitern abgegolten hat”, sagte Oppositionspolitiker
Vasilis Leventis.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte am Mittwoch in Berlin gesagt, die Regierung wisse “um die große Schuld und das große Leid”, das Deutschland zu Zeiten des Nationalsozialismus über Griechenland gebracht habe. Die Frage nach
Reparationen sei jedoch juristisch wie politisch abschließend geregelt. Die Regierung stützt sich dabei auf den 1990 zur
Wiedervereinigung unterzeichneten Zwei-plus-Vier-Vertrag, in dem es
heißt, es seien “keine weiteren Reparationen” vorgesehen. Juristen und
Historiker beider Länder sind sich jedoch uneins über das Anrecht der
Griechen auf Reparationen. Der Konflikt könnte schließlich vor dem
Internationalen Gerichtshof in Den Haag landen.
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