/Zwangspensionierungen: Polnische Justizreform verstößt laut Gutachter gegen EU-Recht

Zwangspensionierungen: Polnische Justizreform verstößt laut Gutachter gegen EU-Recht

Die umstrittene Zwangspensionierung von Richtern in Polen verstößt nach Ansicht eines wichtigen Gutachters des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg gegen EU-Recht. Die Reform verletze sowohl den Grundsatz der Unabsetzbarkeit von Richtern als auch ihre Unabhängigkeit, befand der Generalanwalt, Evgeni Tanchev (Rechtssache C-619/18).

Hintergrund ist ein Gesetz, mit dem Polens nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) das Renteneintrittsalter oberster Richter von 70 auf 65 Jahre herabgesenkt hatte. Kritiker warfen den Regierenden vor, sie wollten mit der Reform missliebige Richter loswerden. Mehr als 20 Juristen waren in den Ruhestand geschickt worden. Eine Verlängerung der von der Pensionierung betroffenen Richter musste Präsident Andrzej Duda genehmigen.

Die für die Verfolgung von Verstößen gegen EU-Recht zuständige EU-Kommission sah die Unabhängigkeit der Justiz bedroht und klagte gegen das Gesetz beim EuGH. Daraufhin verfügte der EuGH vorläufig, die Bestimmungen aufzugeben. Die polnischen Richter nahmen ihre Arbeit wieder auf und die Regierung hob das Gesetz auf.

Drei Vertragsverletzungsverfahren

Die PiS hat seit ihrer Machtübernahme 2015 das Gerichtswesen umfassend reformiert und es sich Kritikern zufolge unterstellt. Die EU-Kommission geht seit Anfang 2016 wegen mehrerer Justizreformen
gegen Polen vor. Sie wirft der nationalkonservativen Regierung in
Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden und die
Gewaltenteilung zu untergraben. Inzwischen laufen drei
Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land.

Die Einschätzung eines Gutachters ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig folgen sie ihr aber. Ein Urteil dürfte in den kommenden Monaten fallen.

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