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EU-China-Gipfel: Europa kann sich wehren

Vierzig Jahre lang haben die Europäer mit China blendende Geschäfte gemacht. Doch jetzt versteht man sich nicht mehr so richtig. Für den EU-China-Gipfel konnte man sich nur mit Mühe auf ein gemeinsames Abschlusskommuniqué einigen. Überraschend kommt das nicht, denn es knirscht schon seit geraumer Zeit im Verhältnis zwischen China und Europa. Das hat seine guten Gründe, denn beide haben sich mit den Jahren verändert.

China ist eine selbstbewusste Weltmacht geworden, die eine zunehmend aggressive Außenpolitik verfolgt. Die autokratisch und autoritär herrschende Kommunistische Partei hat zu Hause ein staatskapitalistisch geprägtes Wirtschaftssystem etabliert. An der Spitze dieses Staates steht ein auf Lebenszeit herrschender Präsident: Xi Jinping.

Das oft so schläfrig und lahm wirkende Europa ist inzwischen aufgewacht. Es hat bemerkt, dass die Diktatur in China eine politische Gefahr für das westliche, freiheitliche System darstellt. Die EU-Kommission, das EU-Parlament, aber auch eine Reihe von Wirtschaftsverbänden wie der BDI haben inzwischen jeweils eigene, kritische Statements über die Zusammenarbeit mit China veröffentlicht. Da ist manches noch unkoordiniert, doch eine Aussage haben all diese Veröffentlichungen gemeinsam: Es muss sich etwas ändern.

Es geht um die friedliche Koexistenz

Es müssen zum Beispiel gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen. China muss sich bewegen und seinen Markt auch für westliche Firmen öffnen. Und es darf nicht sein, dass Chinas Parteikader die EU politisch spalten – wie sie es bereits versucht haben. Die Union hat sich in letzter Zeit einige Instrumente zurechtgelegt, um sich besser gegen unlautere Konkurrenz wehren zu können. Das Gesetz zum Investmentscreening ist eines dieser Werkzeuge: Wer in Europa investieren will, der muss dafür bestimmte Kriterien erfüllen. Europas Türen stehen also nicht mehr sperrangelweit offen für subventionierte Unternehmen aus China.

Auch die öffentliche Wahrnehmung Chinas hat sich verändert. Das sieht man beispielhaft an der Debatte über den 5G-Ausbau. Die Zweifel sind groß, ob man den Ausbau der 5G-Netze der chinesischen Firma Huawei wirklich anvertrauen kann, ohne die eigene Sicherheit zu gefährden.

Es gibt also insgesamt zu viele offene Fragen. Deswegen werden gemeinsame Kommuniqués auch immer schwieriger. Das ist aber keine schlechte Nachricht. Im Gegenteil. Europa nimmt nicht mehr alles hin. Es stellt Forderungen. Wenn sie nicht erfüllt werden, dann verlassen die Europäer eben den Tisch, ohne ein gemeinsames Dokument zu unterzeichnen. So schlecht das für das unmittelbare Geschäft auch scheinen mag: Eine selbstbewusste, einige Union ist langfristig besser für Europas Wirtschaft – und besser für die freiheitliche Gesellschaft.

Immerhin hat Chinas Regierung für das Kommuniqué des diesjährigen Gipfels offenbar deutliche Zugeständnisse gemacht: Man wolle die geforderte Marktöffnung umsetzen und fairen Wettbewerb garantieren, heißt es in der Abschlusserklärung. Geschieht das wirklich, wäre das ein erheblicher Fortschritt, denn Europa und China sind in den letzten vierzig Jahren wirtschaftlich eng zusammengewachsen. Die Durchdringung ist so stark geworden, dass es angesichts der zahlreichen Konflikte nun um eine Kernfrage geht: Wie kann man die friedliche Koexistenz zwischen einer selbstbewussten Parteidiktatur und freiheitlichen Demokratien organisieren und dauerhaft bewahren? Die Antwort steht noch aus.

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