In der Türkei haben am Sonntag die Kommunalwahlen begonnen. Nach einem polarisierenden Wahlkampf sind die Türken aufgerufen, neue Bürgermeister, Stadträte und Bezirksvorsteher zu wählen. Wie üblich in der Türkei finden die Kommunalwahlen in allen Provinzen gleichzeitig statt.
Im ostanatolischen Malatya kam es zu einem tödlichen Zwischenfall: Die Nachrichtenagentur DHA meldete, zwei Gruppen seien in einem Wahllokal aneinandergeraten. Einer der Beteiligten habe daraufhin eine Pistole gezogen und zwei Menschen getötet. Der Schütze sei festgenommen worden.
Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigte nach seiner Stimmabgabe in Istanbul zwei Todesopfer in Malatya. Ermittlungen zum Hintergrund des Vorfalls seien eingeleitet worden. Der Chef der kleinen Oppositionspartei Saadet, Temel Karamollaoglu, schrieb auf Twitter, die Opfer seien zwei Wahlbeobachter seiner Partei. Die beiden hätten gegen eine offene Stimmabgabe protestiert und seien daraufhin getötet worden. Der Wahlkampf war geprägt von scharfen Angriffen von Erdogan auf die Opposition, die er als Feinde der Türkei und des Islam bezeichnete.
Die Wahl erklärte er zur Frage des “nationalen Überlebens” und beschwor immer wieder die Bedrohung durch äußere Feinde. Obwohl Erdogan selbst nicht zur Wahl steht, tourte der Präsident über Wochen durch das Land und machte so die Wahl auch zu einer Abstimmung über seine eigene Politik.
Die Wahl fällt in eine Zeit schwerer Wirtschaftsprobleme: Erstmals seit zehn Jahren ist die Türkei in die Rezession gerutscht, die Inflation liegt bei knapp 20 Prozent und die Arbeitslosigkeit ist auf über 13 Prozent gestiegen. Kurz vor der Wahl sorgten starke Schwankungen der Währung für zusätzliche Nervosität in Ankara, nachdem die Lira vergangenen Sommer inmitten einer diplomatischen Krise mit den USA massiv eingebrochen war.
Rund 57 Millionen Wahlberechtigte wählen in 81 Provinzen die Bürgermeister, Gemeinderäte und andere lokale Amtsinhaber. Die Kommunalwahl gilt als Stimmungstest für die islamisch-konservative Regierung von Erdogan. Spannend wird sie vor allem in der Hauptstadt Ankara und der Metropole Istanbul.
Beide werden seit mehr als 20 Jahren von Erdogans Regierungspartei AKP beziehungsweise ihren Vorgängerparteien regiert. Eine Niederlage dort wäre ein enormer Gesichtsverlust für Erdogan, der selbst einst Bürgermeister von Istanbul war.
Erdogans AKP schickt am Bosporus den früheren Regierungschef Binali Yildirim ins Rennen, während die Opposition auf den jungen Bezirksbürgermeister Ekrem Imamoglu setzt. Wie bereits bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Juni tritt die AKP mit der ultrarechten MHP an, während die linksnationalistische CHP ein Bündnis mit der rechten IYI-Partei geschlossen hat. Interessant wird auch die Entwicklung in den Kurdengebieten.
Im Osten des Landes durften Bürger ab 7.00 Uhr Ortszeit wählen (6.00 Uhr MESZ) – wegen der früher einsetzenden Dunkelheit eine Stunde vor den Wählern im Westen des Landes. Schließen sollen die Wahllokale im Osten um 16.00 Uhr Ortszeit und im Westen um 17.00 Uhr Ortszeit. Erste Teilergebnisse werden noch am Abend erwartet. (AFP, dpa)
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