In der kommenden Woche könnte sich im Londoner Unterhaus entscheiden, ob Großbritannien am 29. März mit oder ohne ein Abkommen aus der Europäischen Union austritt. Sollten sich die britischen Parlamentsabgeordneten für den sogenannten harten Brexit ohne einen Austrittsvertrag mit der EU entscheiden, dürfte dies auch tief greifende Konsequenzen für Deutschland und dessen Warenverkehr mit Großbritannien haben. Wir haben zehn Szenarien zusammengetragen, die nach einem harten Brexit eintreten könnten.
10000
Firmen in Deutschland
mit der britischen Rechtsform Ltd
Unternehmen in Deutschland, die bisher in der britischen Rechtsform der Limited (Ltd) gelistet sind, wären nach einem EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen unrechtlich, schätzt die Bundesregierung. “Grundsätzlich müssen Limiteds mit deutschem Verwaltungssitz damit rechnen, ihre Rechtsform nach dem Brexit aberkannt zu bekommen”, warnen die Industrie- und Handelskammern deshalb. Sie müssten sich also zum Beispiel in eine GmbH umwandeln und 25.000 Euro Kapital hinterlegen. Anderenfalls können ihre Gründer unbeschränkt haftbar gemacht werden. Denn wenn die Ltd-Firmen als juristische Personen nicht mehr anerkannt sind, müssen nach deutschem Recht stattdessen die natürlichen Personen dahinter für etwaige Firmenschulden geradestehen. Derzeit arbeitet Bundesjustizministerin Katarina Barley an einem Umwandlungsgesetz.
100 Prozent
der Heringsfangquote
wird von deutschen Fischern in britischen Gewässern gefangen
Deutsche Heringsfischer fangen ihren Hering ausschließlich in britischen Gewässern. Mit einem harten Brexit wäre es damit wohl vorbei, warnt der Deutsche Hochseefischerei-Verband. Denn die deutschen Schiffe hätten dann keine Zufahrt mehr zu den britischen Gewässern, wenn die Briten keinen Zugang mehr zum europäischen Binnenmarkt hätten.
300000
Deutsche Staatsbürger
leben in Großbritannien
Deutsche in Großbritannien sind nach dem Brexit wie Ausländer aus Drittstaaten zu behandeln, und noch ist unklar: Bekommen sie eine unbeschränkte Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis? Was passiert, wenn sie beruflich mehr als 90 Tage in EU-Ländern und der Heimat verbringen? Müssen sie jetzt einen britischen Pass beantragen? Immer mehr Briten tun das in Deutschland schon: In Niedersachsen sind zurzeit 70 Prozent der Teilnehmer an Einbürgerungstests Briten. Die Zahl der Einbürgerungen hat sich von 81 im Jahr vor dem Referendum auf 241 im vergangenen Jahr erhöht.
9250 Britische Pfund
Studiengebühren pro Jahr
müssen deutsche Studierende künftig maximal zahlen
Momentan studieren etwa 5.000 Deutsche über Erasmus-Programme an britischen Universitäten, was bis 2020 auch noch ohne Studiengebühren möglich ist. Es gibt also Bestandsschutz für die vorhandenen Programme. Doch wer künftig sein Studium in England aufnimmt, muss vermutlich Studiengebühren zahlen, und zwar ebenso hohe wie britische Studierende selbst. Maximal 9.250 Pfund pro Jahr kosten die staatlichen britischen Unis bisher, auf diese Summe hat das britische Bildungsministerium die Gebühren gedeckelt. Private Unis kosten durchaus mehr.
900
neue Zollbeamte
muss Deutschland für den Warenverkehr mit Großbritannien einstellen
An den deutschen Seehäfen wird der Zoll schon bald mehr Arbeit bekommen, sollte es zu einem harten Brexit kommen. 900 neue Zollbeamte könnte allein Deutschland einstellen, um den Warenverkehr nach Großbritannien abzuwickeln. Das teilte das niedersächsische Wirtschaftsministerium jüngst mit. Das Finanzministerium bestätigt höhere Ausgaben für die Zollverwaltung in seinem Haushaltsplan für 2019. Die Beamten sollen an den Häfen in Hamburg, Bremen, sowie an den Flughäfen Leipzig, Köln/Bonn und Frankfurt arbeiten. Trotz der neuen Mitarbeiter werden sich wohl die Abwicklungen an vielen Häfen und Flughäfen deutlich in die Länge ziehen. Der Hauptfährhafen Dover rechnet mit 27 Kilometern Stau täglich, wenn künftig alle britischen Lkw dort vor den Fähren durch den Zoll müssen. Jeder dritte der 46.000 Lkw muss dann abgefertigt werden.
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