In unserer Kolumne “Schlafzimmerblick”
beantwortet die Sexualtherapeutin Angelika Eck regelmäßig Ihre Fragen
zu Liebe, Sex und Partnerschaft. Denn über nichts wird häufiger
geschwiegen. Das wollen wir ändern.
Andrea W. (37): Ich bin eifersüchtig. Das ärgert mich, aber ich kann es nicht abstellen. Mein Freund ist sehr gut aussehend und weiß das auch. Er flirtet gern. Das war schon immer so. Als wir uns ineinander verliebten, waren wir beide noch in anderen Beziehungen, das heißt, wir kamen heimlich zusammen. Nach einer Weile entschieden wir uns zu dem Schritt, selbst das Paar zu werden. Das war nicht leicht für alle Beteiligten, aber richtig. Die Beziehung ist auch nach einem Jahr noch recht intensiv. Aber meine Eifersucht ist von Anfang an erwacht. Mein Freund fand es erst süß, jetzt wird er so langsam ärgerlich. Mir ist klar, dass ich ihn nicht kontrollieren oder ihm eine Szene machen darf, sonst fühlt er sich gefangen und will weg. Aber wie werde ich die Eifersucht los?
Das grünäugige Monster hat Sie erwischt. Sie sind nicht die Einzige, die es kennt: In der Literatur, der Oper und der Mordstatistik spielt die Eifersucht eine Hauptrolle. In ihren lebensvernichtenden Auswüchsen gehört sie geahndet und behandelt. Aber auch ohne Dolch und Raserei kann sie Beziehungen zerstören, denn wer kann noch mit seinem Partner zusammen sein, wenn seine Eifersucht ihr erstickendes Netz über ihn gelegt hat? Im Extremfall entzieht die Eifersucht der Beziehung eine überlebenswichtige Grundlage: die Freiheit des Einzelnen und die Achtung voreinander. Wer einmal betroffen war, kennt die Ohnmacht dieser Dynamik für beide. Der Eifersüchtige fürchtet den Verlust und agiert vereinnahmend bis verfolgend. Der Andere ist gefangen, denn er oder sie kann ja schlecht etwas beweisen, das nicht ist. Meistens kommen sie an einen Punkt, an dem die Beziehung zum Gefängnis und letztlich existenziell unmöglich wird.
Auch Sie wissen, dass sich die Eifersucht anfühlt wie eine Kraft, die Sie in sich nicht zur Ruhe bringen können. Sie sind Opfer dieses Leidens und fürchten seine zerstörerischen Folgen. Gleichzeitig handelt es sich auch um eine Leidenschaft! In den Eifersuchtsschmerzen spüren Sie intensiv, wie sehr Sie Ihren Freund lieben und begehren. Was soll daran verkehrt sein?
In manchen Kulturen gehört das zum Beziehungsspiel und drückt Leidenschaft und Habenwollen aus. Bei uns gilt der Eifersüchtige als schwach und unfähig, sich zu kontrollieren. Wer es nötig hat, eifersüchtig zu sein, steht im Verdacht, ein zu geringes Selbstwertgefühl zu besitzen. Autonomie hingegen gilt als Ideal in einer individualistischen Gesellschaft mit der Anforderung, möglichst unabhängig zu sein.
Ja, Selbstliebe und Selbstachtung sind elementar wichtig, damit wir stabile Beziehungen leben können und unser Wohl und Wehe nicht allein vom Partner abhängig machen. Zugleich sind wir als Beziehungswesen nun einmal wechselseitig voneinander abhängig. Wenn wir lieben, machen wir uns verwundbar. Wir schenken unser Herz und spüren gleichzeitig, dass wir nicht sichern können, was unser Geliebter damit macht. Er oder sie kann jederzeit gehen oder sich jemand anderem zuwenden. Im Gründungsmoment Ihrer Beziehung liegt diese Mahnung als Hypothek, denn Sie haben sich, pointiert gesagt, als Fremdgeherin in einen Fremdgeher verliebt. Sie müssen also einkalkulieren, dass in Ihrer Beziehung die Unschuld vom ersten Tag an dahin war.
Das ist vielleicht nicht angenehm, aber hat auch sein Gutes. Ängste, die alle plagen, spüren Sie vermutlich klarer, und nicht nur die Ängste, sondern die realen Risiken. Wenn Ihr Freund ein Flirter ist, gibt er Ihnen ja auch immer wieder Anlass, genau das zu spüren: Keine Beziehung ist in ihrer Exklusivität sicher. Der Evolutionspsychologe David Buss beschreibt in seinem Buch Jealousy, the dangerous passion die positiven, für die Arterhaltung nützlichen Aspekte der Eifersucht. Wir spüren sie als Gefahrensignal und zeigen unserem Partner damit: Ich finde dich höchst attraktiv. Du bist mir wichtig, ich will dich nicht verlieren. Bleib bei mir! Also warum die Eifersucht loswerden wollen? Bekämpfen Sie sie nicht, achten und kanalisieren Sie sie als eine Facette Ihres Begehrens!
Das Kanalisieren ist aber wichtig, damit der Partner noch atmen kann. Hier suchen Sie zu Recht nach Möglichkeiten der Selbstregulation. Diese setzt voraus, dass Sie sich selbst gut begreifen und Verantwortung für Ihre Gefühle übernehmen.
Als Experiment könnten Sie den Spieß umdrehen. Nicht das Gefühl kontrolliert Sie, sondern Sie entscheiden sich dafür oder dagegen: Leben Sie eine Woche lang das Leben einer Null-Eifersüchtigen, die voll ins Vertrauen geht. Und schauen Sie, wie es Ihnen dabei geht, wie Sie Ihren Freund sehen, wie die Beziehung läuft. In der Woche danach leben Sie das Leben einer stark Eifersüchtigen. Misstrauen Sie ihm auf Schritt und Tritt. Und schauen Sie wieder, wie es Ihnen dabei geht.
Wenn Sie tiefer gehen möchten: Was genau ängstigt oder schmerzt Sie? Welche Momente sind es? Was entsteht dann in Ihnen? Manchmal gibt es Muster im eigenen Leben. Sollten Sie bereits verlassen worden sein oder unsichere Bindungsbeziehungen erfahren haben, wäre Ihre Reaktion besonders naheliegend. Leichter gesagt als getan: Hier wäre eine Runde Selbstliebe dran, das heißt, Sie sollten versuchen, diesen verletzten Teil in Ihnen selbst anzuerkennen und zu trösten. Was das bringt? Wenn es gelingt, sind Sie nicht mehr nur eine eifersüchtige Frau, sondern eine Frau mit vielen Facetten, von denen eine einzige diese Verletzlichkeit ist. Sie wären dann zugleich die Verletzte und diejenige, die die Verletzte versorgt, und hätten zu Ihrem eifersüchtigen Impuls etwas mehr Abstand. Das wiederum hieße, dass dieser Impuls Sie nicht mehr gänzlich bestimmen würde.
Also: Achten Sie die Eifersucht, drehen Sie die Medaille dieser gefährlichen Passion aber auf ihre helle Seite. Die Formel dafür hieße: Dem Gefühl trauen, sich selbst etwas Halt geben, Grenzen klar kommunizieren und dann, statt klammern, verführen.
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